Umgang mit Schizophrenie eines Verwandten
Lena (w, 20) aus Köln: Hallo liebes Psychologen-Team,
ich mache mir große Sorgen bezüglich des gesundheitlichen Zustandes eines Verwandten. Vor einigen Jahren wurde bei ihm Schizophrenie diagnostiziert. Die Medikamte, die ihm verabreicht wurden, hat er nach einiger Zeit aus eigenem Entschluss abgesetzt. Heute behauptet er, nicht krank gewesen zu sein und zu Unrecht Medikamente verschrieben bekommen zu haben.
Sein heutiges Verhalten ist merkwürdig. Er glaubt, Kontakt zum Jenseits aufnehmen zu können, vertieft sich in Meditation, lehnt Medikamente ab und ist von der Heilkraft der Natur überzeugt.
Wir wissen nicht, wie wir uns gegenüber ihm verhalten sollen. Ihm einreden, dass er sich nochmal untersuchen lassen sollte, wäre zwecklos. Wie können wir ihm helfen? Ist es sinnvoll, ihm zu widersprechen, wenn er von seinen irrsinnigen Gedanken erzählt? Ein Gedanke ist beispielsweise die Überzeugung, 'das dritte Auge öffnen zu können', um die Gedanken anderer Menschen zu lesen.
ich mache mir große Sorgen bezüglich des gesundheitlichen Zustandes eines Verwandten. Vor einigen Jahren wurde bei ihm Schizophrenie diagnostiziert. Die Medikamte, die ihm verabreicht wurden, hat er nach einiger Zeit aus eigenem Entschluss abgesetzt. Heute behauptet er, nicht krank gewesen zu sein und zu Unrecht Medikamente verschrieben bekommen zu haben.
Sein heutiges Verhalten ist merkwürdig. Er glaubt, Kontakt zum Jenseits aufnehmen zu können, vertieft sich in Meditation, lehnt Medikamente ab und ist von der Heilkraft der Natur überzeugt.
Wir wissen nicht, wie wir uns gegenüber ihm verhalten sollen. Ihm einreden, dass er sich nochmal untersuchen lassen sollte, wäre zwecklos. Wie können wir ihm helfen? Ist es sinnvoll, ihm zu widersprechen, wenn er von seinen irrsinnigen Gedanken erzählt? Ein Gedanke ist beispielsweise die Überzeugung, 'das dritte Auge öffnen zu können', um die Gedanken anderer Menschen zu lesen.
Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:
Liebe Lena,danke für Ihre Anfrage! Sie befinden sich in einer 'ratlosen' Situation: In der Tat ist es für Angehörige psychisch kranker Menschen sehr schwer, den richtigen Weg für den Umgang zu finden.
Sie beschreiben die Symptome einer Schizophrenie sehr gut: Stimmenhören, 'Kontakt mit dem Jenseits/Überirdischem etc.', aber auch Paranoia, d. h. die ständige Angst, verfolgt oder beobachtet zu werden und daraus resultierendes Mißtrauen, auch den eigenen Verwandten gegenüber.
Daß die Medikamente abgesetzt wurden, ist ebenfalls typisch und kompliziert den Sachverhalt. Sogenannte Neuroleptika/Antipsychotika sind (leider) das einzige, was gegen schizophrene Psychosen hilft. Reden bzw. eine Psychotherapie können nur begleitend unterstützen, können aber nicht der Störung entgegenwirken. Diese Medikamente müssen auch nach der schizophrenen Episode längerfristig eingenommen werden, weil dadurch das Risiko einer erneuten Episode drastisch verringert wird. Ein selbständiges Absetzen, noch dazu plötzlich, erhöht hingegen das Wiederauftreten stark. Das Problem bei der Sache ist die sogenannte 'Compliance' des Patienten: Der schizophrene Patient empfindet sich selbst nicht als krank, sondern eher als 'wissend oder genial', er sieht also nicht ein, wieso er Medikamente einnehmen soll.
Darüber hinaus fühlt er sich bevormundet/verfolgt, wenn er 'gezwungen' wird, Medikamente zu nehmen (siehe oben 'Paranoia'). Aus diesem Grund setzen viele Schizophrene die Medikamente selbständig ab und erhöhen damit eine Chronifizierung ihrer Krankheit.
Was können Sie und Ihre Familie jetzt tun? Leider nicht allzu viel: Widersprechen wird nur die Paranoia verstärken. Dennoch ist konsequentes Verhalten notwendig. Betonen Sie in jeder Lebenslage die umgebende Realität ('wir sind jetzt hier am Ort X, wir machen gerade dieses und jenes...') und vermeiden Sie Ironien, Anspielungen, Wortspiele und Abstraktionen. Solche Äußerungen können von Schizophrenen oft nur schwer interpretiert werden. Auch sollten Sie - soweit es geht - für Entspannung sorgen und Aufregungen, Gefühlsausbrüche etc. - so weit es geht - vermeiden.
Sie und Ihre Familie werden sich allerdings vor Überforderung gut schützen müssen, denn die Prognose schizophrener Erkrankungen kann sehr unterschiedlich sein. Es kann spontane Besserungen, aber auch eine schubweise Chronifizierung stattfinden. Der Patient wird irgendwann damit konfrontiert werden müssen, daß ohne eine Medikation kein familiärer Kontakt mehr stattfinden kann.
Bitte wenden Sie sich an die 'ApK' (Angehörige psychisch Kranker' http://www.rat-und-tat-koeln.de/. Dort erhalten Sie Unterstützung, Hilfe, Rat und Beistand, wie Sie in Ihrer Situation konkret verfahren können.
Bitte vergessen Sie nicht, daß dem Patienten seine Störung nicht bewußt ist, d. h. er will niemanden ärgern oder provozieren, sondern er empfindet und denkt anders als seine Umgebung. Geduld, Entschlossenheit und Fürsorge sind die Eigenschaften, die seine Umgebung ihm schuldet.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Holger Nikolai
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