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Niedrige latente Inhibition - Langweiliges lernt man langsamer

anil (m, 23) aus Hannover: Hi, ich möchte mich über die 'niedrige latente Inhibition' informieren.

Ist das richtig, dass Menschen mit einer niedrigen latenten Inhibition mehr Reize aufnehmen können als andere Menschen und dies zu Stress führt, weil das Gehirn mit der Verarbeitung der Reize überfordert ist?

Wahrscheinlich haben diese Menschen deshalb häufiger mit Müdigkeit zu kämpfen. Welche anderen Folgen hat eine niedrige latente Inhibition auf den Menschen bzw. wie äußert sich die niedrige latente Inhibition? Welche körperlichen Symptome sind damit verbunden? Welche psychischen Probleme sind damit verbunden?

Leiden Hochbegabte mit niedriger latente Inhibition genauso häufig an psychischen Störungen oder psychischen Krankheiten, wie nicht Hochbegabte mit niedriger latenter Inhibition?

Ist es richtig, dass eine Depression der niedrigen latenten Inhibition entgegenwirkt?

Haben Menschen mit ads/adhs auch eine niedrige latente Inhibition oder sind das zwei unterschiedliche Dinge?

Das sind viele Fragen auf einmal. Es ist nicht so schlimm, wenn ich nicht auf alle Fragen eine Antwort bekomme. Am wichtigsten sind mir die Letzten drei Fragen. Ich bedanke mich schon mal im Voraus.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Hi,

viele Fragen in der Tat. Für alle Leser, die sich vielleicht fragen, was es mit dem seltsamen Begriff auf sich hat:

Latente Inhibition oder verdeckte Hemmung bedeutet, dass passende Reaktionen auf bekannte und als unwichtig erachtete Reize langsamer erlernt werden als Reaktionen auf neue noch unbekannte Reize.

Man kann sich vorstellen, dass mehr Konzentration und Aufmerksamkeit zum Lernen erforderlich ist, wenn der Lerngegenstand langweilig ist – da bekannt und als unwichtig erachtet.

Eine niedrige latente Inhibition bedeutet dagegen, dass solch eine Lernverzögerung bei vertrauten Reizen nicht oder weniger deutlich auftritt. Man lernt dann unabhängiger von der Vertrautheit und persönlichen Bewertung des Lerngegenstands. Das ist allerdings keine Aussage über die absolute Lernfähigkeit und auch keine Aussage über die absolute Aufnahmefähigkeit des Gehirns bzgl. äußerer Reize. Da müsste zuerst geklärt werden, wie das gemessen werden soll.

Dass eine Reizüberflutung generell Stress macht, ist gut belegt. Insbesondere Personen, die eine entsprechende Veranlagung haben, und z.B. an den Folgen eines traumatischen Erlebnisses oder an einer psychischen Störung wie einer Schizophrenie leiden, können durch zu viele Reize sehr unter Druck geraten und eine Reizreduktion als sehr angenehm empfinden.

Bekannt sind in diesem Zusammenhang einige Besonderheiten im Neurotransmitterhaushalt des Gehirns, was sich aus den Veränderungen der latenten Inhibition mit der Gabe von Psychopharmaka schließen lässt. Ob und wenn ja welche körperlichen Erscheinungen direkt mit einer niedrigen latenten Inhibition zusammenhängen, scheint eine sehr schwierige Frage, denn es könnte ja auch umgekehrt sein, dass körperliche Erscheinungen eine niedrige latente Inhibition hervorbringen. Es ist immerhin bekannt, dass einige körperliche Erkrankungen psychische Folgen haben können, weshalb am Anfang einer psychiatrischen Untersuchung immer die körperliche stehen sollte.

Wenn man das Thema wissenschaftlich untersucht, findet man schnell sehr einfache Versuchsanordnungen, bei denen es darum geht, Muster zu erkennen. So können Experimente einfach durchgeführt, ausgewertet und zur Überprüfung wiederholt werden. Ein Rückschluss auf höherwertige geistige Leistungen sowie den Zusammenhang mit Persönlichkeitsmerkmalen oder psychischen Störungen ist nicht so einfach. Stellvertretend sei hier eine Quelle angegeben: Thomas Rammsayer, Robert E. Lubow, Henning Gibbons, Hedva Braunstein-Bercovitz, 'Latente Hemmung und Persönlichkeitsforschung', Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, Volume 21, Nummer 4 / 2000, Seite 255-269 (vgl. http://www.psycontent.com/content/m2u8w211300vj71r/).

Depression geht typischer Weise mit einer generell verminderten Konzentration und Aufmerksamkeit einher. Die meisten Dinge erscheinen einem egal – daher kann hier eher generell eine niedrige latente Inhibition erwartet werden, allerdings auch ein geringer genereller Lernerfolg.

ADS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom. Offenbar hat dies Einiges mit der latenten Inhibition zu tun. Sie dürfte hier ebenfalls erniedrigt sein. Effekt wie bei der Depression: geringer Lernerfolg gemäß äußerer Anforderungen.

Mehr zum Thema Hochbegabung wie auch ADS kann vielleicht die Bachelor-Arbeit von Birgit Trappmann-Korr 'Das Phänomen Hochsensitivität und der Zusammenhang mit AD(H)S – Eine kritische Reflexion' Aufschluss geben (http://www.diplom.de/Bachelorarbeit-14154/Das_Phaenomen_Hochsensitivitaet_und_der_Zusammenhang_mit_AD%28H%29S.html)

Das sind sehr spannende Themen. Allerdings gehen die nach meiner Wahrnehmung sehr tief in die Psychologie und Neurowissenschaften. Mir ist der Kontext der Fragen unklar. Falls Sie mehr über das Thema erfahren wollen, würde ich Ihnen einen Kontakt zu einem Experten aus dem Hochschulbereich anraten. Wenn Sie hingegegn mehr über sich und Ihre Erfahrungen sprechen wollen, finden Sie sicher einen guten Therapeuten in Ihrer Nähe.

Alles Gute für das Weitere
Kai Pinnow
Bewertung durch den Fragensteller:





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