Meine Mutter kommt nicht über den Tod meines Vaters hinweg
Sänger (m, 41) aus Waldshut-Tiengen: Mein Vater starb vor 4 Monaten an einem plötzlichen Herzstillstand im Alter von 70 Jahren. Es war und ist sehr schwer für mich! Noch schwerer allerdings ist die Situation, dass meine Mutter gar nicht darüber hinwegkommt. Mein Vater und sie waren 40 Jahre zusammen und mein Vater hat alles geregelt. Nun will meine Mutter gar nicht nach vorne schauen, sie bleibt ganz im Zurücksehen ihres Lebens. Was auch immer ich für sie an Lösungsvorschlägen anbringe, sie nimmt es nicht an. Im Gegenteil, mit all ihrem Schmerz lastet sie auf mir und bezieht mich ständig mit ein. Mir ist das zuviel und ich kann mich so schwer davon abgrenzen, weil ich mich dann so schlecht fühle. Aber ich brauche meine Kraft selber, um über den Verlust hinwegzukommen. Was soll ich nur tun? Ich empfinde meine Mutter sehr massiv und ich kann mich dem kaum entziehen!
Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:
Lieber Sänger,danke für Ihr Vertrauen. Es ist immer ein Schock für die Angehörigen, wenn jemand so plötzlich und ohne jede Vorwarnung aus dem Leben gerissen wird. Alles steht auf dem Kopf, die eigene Endlichkeit wird sehr drastisch bewußt und jeder hat seine bestimmten Strategien, um mit dem Verlust fertig zu werden, dem Verstorbenen einen Platz im eigenen Leben zuzuweisen und eine neue Beziehung dazu zu finden.
Ihre Mutter trifft es um so härter, als Ihre Eltern wohl eine gute Ehe geführt haben und sie sich nun auch noch mit den Alltagssorgen, dem Papierkram und dem Alleinsein konfrontiert sieht. Nun, vier Monate sind keine lange Zeit und als Leiterin einer Trauergruppe weiß ich, dass es die unterschiedlichsten Zeiträume gibt, wie lange Hinterbliebene trauern und benötigen, um wieder ins Leben zurückzukehren. Wichtig wäre es, dass Ihre Mutter sich, wenn sie mag, auch einer Gruppe anschliesst, um sich mit Gleichgesinnten austauschen und erleben zu können, dass sie nicht alleine ist.
Auch Sie haben ein berechtigtes Interesse daran, den Verlust zu verarbeiten und sich wieder zu orientieren. Wahrscheinlich haben Sie ein sehr großes Verantwortungsgefühl und trauen sich nicht, sich abzugrenzen, aus Angst, Ihre Mutter könnte es nicht verstehen und nicht aushalten. Vorschläge sind mit Vorsicht zu geniessen, Sie haben selbst bemerkt, dass Ihre Mutter diese nicht annimmt. Aber, und das ist der Punkt, so hart das nun klingen mag, sie ist für sich selbst verantwortlich und Sie für sich. Es gibt gute Trauerliteratur, z.B. von Roland Kachler, da könnte etwas für Ihre Mutter dabei sein. Ihnen würde ich empfehlen, sich einige Therapiestunden zu nehmen, um Ihr Recht auf Selbstbestimmung und Abgrenzung wahrnehmen zu lernen. Sie können nicht die Stelle des verstorbenen Partners einnehmen, auch wenn das erst einmal naheliegt. Auch können Sie den Verlust des Vaters und was das für Sie bedeutet einmal beleuchten und dann verarbeiten.
Wenn Ihre Mutter über eine lange Zeit nicht aus ihrer Trauer herauskommt, kann das eine Anpassungsstörung sein, die dann evtl. auch mit einer Therapie behandelt werden sollte oder kann. Aber im Moment ist davon noch nicht auszugehen.
Ich wünsche Ihnen viel Kraft und gute Helfer!
Herzliche Grüße
Claudia Schmitt
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Trauerrednerin und Trauerbegleitung
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Es tat gut,das zu lesen!Danke





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