Sexueller Missbrauch und mögliche Folgesymptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung
Anna (w, 33) aus Reutlingen : Liebes Therapeuten-Team,
Ich wurde vor ca. 20 Jahren vergewaltigt und leide seitdem unter PTBS Symptomen. Bei vielen der Symptome kann ich jedoch keinen direkten Zusammenhang zu dem Ereignis von damals herstellen. Beispiel: meine Albträume handeln zwar von sexuellem Missbrauch, allerdings nicht von der selben Person und auch nicht von dem Ort. Im Dunklen habe ich die Wahnvorstellungen jemand stünde hinter mir obwohl sich eine solche Situation nie zugetragen hat (der Vergewaltiger hat mich nicht überfallen oder von hinten angegriffen). Meine Frage lautet nun, ob eine Generalisierung so weit gehen kann und/oder ob die von mir beschriebenen Symptome im Sinne eines flashbacks zu deuten sind oder ob (möglicherweise zusätzlich) ein anderes Störungsbild vorliegt?
Vielen Dank für eure Hilfe!
Ich wurde vor ca. 20 Jahren vergewaltigt und leide seitdem unter PTBS Symptomen. Bei vielen der Symptome kann ich jedoch keinen direkten Zusammenhang zu dem Ereignis von damals herstellen. Beispiel: meine Albträume handeln zwar von sexuellem Missbrauch, allerdings nicht von der selben Person und auch nicht von dem Ort. Im Dunklen habe ich die Wahnvorstellungen jemand stünde hinter mir obwohl sich eine solche Situation nie zugetragen hat (der Vergewaltiger hat mich nicht überfallen oder von hinten angegriffen). Meine Frage lautet nun, ob eine Generalisierung so weit gehen kann und/oder ob die von mir beschriebenen Symptome im Sinne eines flashbacks zu deuten sind oder ob (möglicherweise zusätzlich) ein anderes Störungsbild vorliegt?
Vielen Dank für eure Hilfe!
Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:
Hallo Anna,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Vertrauen.
Ich stelle es mir sehr belastend vor, nach so langer Zeit immer noch unter solch starken Reaktionen wie Albträumen und Ängsten zu leiden. Falls nicht bereits geschehen, möchte ich Ihnen gleich vorab eine Psychotherapie, bzw. im engeren Sinne eine Traumatherapie empfehlen. Auch wenn Sie sich bereits in der Vergangenheit psychotherapeutische Unterstützung geholt haben, kann auch eine erneute Therapie sicherlich sinnvoll sein, um die noch bestehenden Ängste zu reduzieren, dass Sie sich freier und gelassener fühlen können.
In Ihrer Nachricht beschreiben Sie unter anderem Albträume. Träume spiegeln häufig unsere Erfahrungen wider. Jedoch erleben wir im Traum nur selten genau die Situation wieder, die wir real erlebt haben. Vielmehr entstehen in Träumen Bilder, die häufig symbolisch zu verstehen sind, oder auch eine bestimmte Stimmung oder bestimmte Orte, die unserer real gemachten Erfahrung ähnlich sind. Deshalb ist es nicht unüblich, dass Sie nicht genau von der Täter-Person oder auch von einem anderen Ort träumen. Ich habe sogar einmal eine Klientin begleitet, die ebenfalls einen Missbrauch erfahren musste, und in deren Traum ich als ihr Therapeut der Täter wurde. Glücklicherweise konnten wir dies im Gespräch klar differenzieren, wodurch die therapeutische Beziehung weiterhin unbelastet fortgeführt werden konnte. Es können sich also in Träumen (jedoch auch im realen Leben) auch gewisse Übertragungen auf andere real existierende Menschen entwickeln. Dieser Verdrängungsmechanismus kann leider dazu führen, dass auf andere Personen etwas projiziert wird, was nicht mit der Realität übereinstimmt. Dieses Phänomen findet keinesfalls nur bei Missbrauchserfahrungen statt, sondern ist vielmehr eine menschliche und sehr häufig vorkommende Verzerrung der Realität. Manchmal kann es auch zu einer (unbewussten) Erinnerung kommen, wenn ein Mensch ähnlich aussieht, wie der Mensch, mit dem ich eine bestimmte Erfahrung gemacht habe, sodass die selben alten Gefühle reaktiviert werden.
Auch sehr häufig bei einem Trauma ist eine höhere Ängstlichkeit, etwa dass jemand hinter Ihnen steht, wie Sie das erleben. Dies würde ich zunächst einmal als Angst davor verstehen, dass Ihnen jemand unberechenbar zu nahe kommt, ohne dass Sie das wollen. Ein typisches Symptom einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist unter anderem die Hypervigilanz, was mit gesteigerter Wachheit übersetzt werden kann. Auch das Symptom einer erhöhten Schreckhaftigkeit oder auch erhöhte Reizbarkeit kann Folge eines Traumas sein.
An dieser Stelle möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass ich mich von einer Diagnose zu Ihrer Symptomatik zurückhaltend möchte – das wäre sonst unseriös und unprofessionell. Die von Ihnen beschriebenen Symptome können bei einer PTBS-Diagnose vorliegen, jedoch müssen noch weitere Kriterien für die Diagnose vorhanden sein. Auch ob eine andere Diagnose als eine PTBS vorliegt, kann nur ein/e Psychotherapeut/in oder Arzt/Ärztin vor Ort im Gespräch mit Ihnen feststellen. Eine Ferndiagnose ist grundsätzlich nicht zu empfehlen.
Insgesamt scheint Ihr Organismus auf Hab-Acht-Stellung zu sein, wodurch Sie vermutlich emotional und psychisch häufig sehr im Stress sind. Da das Trauma schon einige Jahre zurückliegt, kann es sogar sein, dass Sie diesen psychischen Stress gar nicht mehr bewusst wahrnehmen, weil er sozusagen zur Normalität geworden ist. Das wiederum schränkt Sie möglicherweise sehr ein, weshalb ich Ihnen wirklich sehr ans Herz legen möchte, wie eingangs schon erwähnt, dass Sie nach einer ambulanten oder stationären Psychotherapie in Ihrer Nähe suchen. Für besonders wichtig halte ich bei einer Psychotherapie immer, dass Sie Vertrauen zu Ihrem/Ihrer Therapeut/in erleben können. Daneben gibt es auch häufig spezielle Beratungsstellen für Frauen mit Missbrauchserfahrungen. Vielleicht kann Ihnen das Frauenhaus Reutlingen (http://www.frauenhaus-reutlingen.de/index.html) eine gute Empfehlung geben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort etwas weiterhelfen.
Herzliche Grüße,
Christian Kabsch
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Vertrauen.
Ich stelle es mir sehr belastend vor, nach so langer Zeit immer noch unter solch starken Reaktionen wie Albträumen und Ängsten zu leiden. Falls nicht bereits geschehen, möchte ich Ihnen gleich vorab eine Psychotherapie, bzw. im engeren Sinne eine Traumatherapie empfehlen. Auch wenn Sie sich bereits in der Vergangenheit psychotherapeutische Unterstützung geholt haben, kann auch eine erneute Therapie sicherlich sinnvoll sein, um die noch bestehenden Ängste zu reduzieren, dass Sie sich freier und gelassener fühlen können.
In Ihrer Nachricht beschreiben Sie unter anderem Albträume. Träume spiegeln häufig unsere Erfahrungen wider. Jedoch erleben wir im Traum nur selten genau die Situation wieder, die wir real erlebt haben. Vielmehr entstehen in Träumen Bilder, die häufig symbolisch zu verstehen sind, oder auch eine bestimmte Stimmung oder bestimmte Orte, die unserer real gemachten Erfahrung ähnlich sind. Deshalb ist es nicht unüblich, dass Sie nicht genau von der Täter-Person oder auch von einem anderen Ort träumen. Ich habe sogar einmal eine Klientin begleitet, die ebenfalls einen Missbrauch erfahren musste, und in deren Traum ich als ihr Therapeut der Täter wurde. Glücklicherweise konnten wir dies im Gespräch klar differenzieren, wodurch die therapeutische Beziehung weiterhin unbelastet fortgeführt werden konnte. Es können sich also in Träumen (jedoch auch im realen Leben) auch gewisse Übertragungen auf andere real existierende Menschen entwickeln. Dieser Verdrängungsmechanismus kann leider dazu führen, dass auf andere Personen etwas projiziert wird, was nicht mit der Realität übereinstimmt. Dieses Phänomen findet keinesfalls nur bei Missbrauchserfahrungen statt, sondern ist vielmehr eine menschliche und sehr häufig vorkommende Verzerrung der Realität. Manchmal kann es auch zu einer (unbewussten) Erinnerung kommen, wenn ein Mensch ähnlich aussieht, wie der Mensch, mit dem ich eine bestimmte Erfahrung gemacht habe, sodass die selben alten Gefühle reaktiviert werden.
Auch sehr häufig bei einem Trauma ist eine höhere Ängstlichkeit, etwa dass jemand hinter Ihnen steht, wie Sie das erleben. Dies würde ich zunächst einmal als Angst davor verstehen, dass Ihnen jemand unberechenbar zu nahe kommt, ohne dass Sie das wollen. Ein typisches Symptom einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist unter anderem die Hypervigilanz, was mit gesteigerter Wachheit übersetzt werden kann. Auch das Symptom einer erhöhten Schreckhaftigkeit oder auch erhöhte Reizbarkeit kann Folge eines Traumas sein.
An dieser Stelle möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass ich mich von einer Diagnose zu Ihrer Symptomatik zurückhaltend möchte – das wäre sonst unseriös und unprofessionell. Die von Ihnen beschriebenen Symptome können bei einer PTBS-Diagnose vorliegen, jedoch müssen noch weitere Kriterien für die Diagnose vorhanden sein. Auch ob eine andere Diagnose als eine PTBS vorliegt, kann nur ein/e Psychotherapeut/in oder Arzt/Ärztin vor Ort im Gespräch mit Ihnen feststellen. Eine Ferndiagnose ist grundsätzlich nicht zu empfehlen.
Insgesamt scheint Ihr Organismus auf Hab-Acht-Stellung zu sein, wodurch Sie vermutlich emotional und psychisch häufig sehr im Stress sind. Da das Trauma schon einige Jahre zurückliegt, kann es sogar sein, dass Sie diesen psychischen Stress gar nicht mehr bewusst wahrnehmen, weil er sozusagen zur Normalität geworden ist. Das wiederum schränkt Sie möglicherweise sehr ein, weshalb ich Ihnen wirklich sehr ans Herz legen möchte, wie eingangs schon erwähnt, dass Sie nach einer ambulanten oder stationären Psychotherapie in Ihrer Nähe suchen. Für besonders wichtig halte ich bei einer Psychotherapie immer, dass Sie Vertrauen zu Ihrem/Ihrer Therapeut/in erleben können. Daneben gibt es auch häufig spezielle Beratungsstellen für Frauen mit Missbrauchserfahrungen. Vielleicht kann Ihnen das Frauenhaus Reutlingen (http://www.frauenhaus-reutlingen.de/index.html) eine gute Empfehlung geben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort etwas weiterhelfen.
Herzliche Grüße,
Christian Kabsch
Bewertung durch den Fragensteller:
Ich werde mir die Antwort noch oft durchlesen! Sie ist sehr professionell, ausführlich und sehr empathisch! Vielen Dank!
Ich werde mir die Antwort noch oft durchlesen! Sie ist sehr professionell, ausführlich und sehr empathisch! Vielen Dank!
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