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Ich fühle mich total überfordert

Feli (w, 40) aus Frankfurt: Hallo,
ich bin verheiratet und habe einen 2jährigen Sohn. Aufgrund meiner Selbständigkeit habe ich direkt nach der Geburt meines Kindes wieder angefangen zu arbeiten. Mein Mann hat hin und wieder einen Minijob in seinem erlernten Beruf. Eigentlich haben wir genug Geld, um alle Kosten zu decken und leben gut. Aber dennoch plagt mich eine ständige Existenzangst. Ich arbeite täglich mehr als 8 Stunden, habe kaum Zeit für meinen Sohn und gar nicht für mich. Ich fühle mich ständig überfordert und sitze oft am Schreibtisch und starre nur auf den Bildschirm ohne wirklich produktiv zu sein. Das wiederum erhöht den Druck, weil ich das Pensum nicht schaffe. Ich mache Fehler, weil ich unkonztriert bin oder unter Zeitdruck. Das Schlimmste ist jedoch, daß ich zu meinem Sohn oft ungerecht bin, weil ich schnell genervt bin. Ich meckere ihn oft aus, auch wenn ich weiß, daß sein Verhalten völlig ok ist, aber mich halt nervt. Und ich streite mich häufig mit meinem Mann, weil ich mir eigentlich immer einen Partner gewünscht habe, der mir ermöglicht, Mutter zu sein und die Arbeit übernimmt. Jetzt habe ich das Gefühl, daß ich hier der Mann bin und alle Belastung auf meinen Schultern lastet. Er versteht mich nicht und sagt immer nur, daß er doch alles macht. Ich fühle mich von ihm allein gelassen. Obwohl ich beide sehr liebe, wünsche ich mir oft mein Leben als Single zurück und das habe ich ihm auch schon oft gesagt. Es ist ungerecht, aber ich fühle mich in meiner Situation einfach nur eingeengt und habe kaum Luft zum Atmen.
Viele Grüße

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Feli,

als ich Ihre Anfrage durchgelesen habe, hatte ich spontan das Gefühl, dass Sie zwei Kinder haben. Sie erscheinen mir als starke Frau, die ihr Leben im Griff hat, was sich auch in der Selbständigkeit zeigt und ich vermute, Sie haben sich auf ein Hausmannmodell geeinigt, damit Sie den Rücken für die Arbeit frei haben. Oder sind Sie beide da so hineingerutscht?

Langsam aber stellt sich das Gefühl einer Überforderung ein und die Frage nach dem Was und Warum. Ursprünglich hatten Sie ein anderes Lebensmodell und stellen jetzt fest, dass es so nicht gekommen ist und dass Sie enttäuscht sind. Enttäuscht vom Mann, der hin und wieder auswärts arbeitet und Ihnen quasi die Verantwortung auflädt, für alle zu sorgen. Kein Wunder, wenn Sie sich in der Männerrolle sehen und fühlen.

Und trotzdem tragen Sie auch zu dieser Situation bei. Ich kann mir vorstellen, dass Sie schon als junges Mädchen viel Verantwortung für wen auch immer getragen haben, sich nicht recht auf andere verlassen und vertrauen konnten, es lieber selber machten und es nicht anders kennen. Die Krux an der Sache ist die, dass Sie damit eher schwache Männer anziehen, die evtl. eine dominante Mutter hatten und es auch so kennen, dass immer jemand die Verantwortung übernimmt. Und so kommen diese Partner zusammen. Dazu gibt es ein sehr schönes Buch mit vielen Hintergrunderklärungen von Jürg Willi: 'Die Zweierbeziehung'.

Überlegen Sie, wie Sie aktiv diesen für Sie so belastenden Zustand ändern können. Es sollten mehrere Dinge sein, zum ersten eine Entspannung für Sie, um besser abschalten zu können, z.B. Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung. Ich habe so das Gefühl, Ihre Wertschätzung für sich selbst ist irgendwo auf der Strecke geblieben, auch das ist eine Aufgabe, die Sie angehen sollten. Zeit und Muße für sich und das ohne schlechtes Gewissen. Dann wäre ein Gespräch mit Ihrem Mann wichtig, in dem Sie ihm klipp und klar mitteilen, wie Sie sich künftig Ihr gemeinsames Leben und die Verteilung der Verantwortung vorstellen. Gehen Sie in sich und spüren Sie einmal hin, was da ist und was Sie genau stört, erzählen Sie ihm von sich, ohne Vorwürfe und ohne Anklagen. Es hilft Ihnen nicht weiter, über Hypothesen zu klagen und in der Vergangheit zu wühlen. Legen Sie den Fokus auf die Gegenwart und die Zukunft. Ihr Mann ist nicht für Sie und Ihre Gefühle verantwortlich, er geht nur soweit, wie Sie es zulassen. Desweiteren könnte Ihnen eine Paarberatung helfen, vorausgesetzt Sie beide sind dazu bereit. Wenn Ihr Mann das nicht will, haben Sie immer noch die Möglichkeit, alleine eine Therapie zu machen, um Ihre Verhaltensmuster und inneren Treiber zu erkennen und positiv verändern zu können.

Liebe Feli, ich wünsche Ihnen Löwenmut und Kraft, etwas zu ändern, wie auch immer dies aussehen wird!

Herzliche Grüße

Claudia Schmitt

Heilpraktikerin für Psychotherapie

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