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Burnout: Ist Kündigen der einzige Weg?

MrUnsicher (m, 53) aus Baden Württemberg: Liebe Experten,

vor 3 Wochen überzeugte mich mein Arzt davon, über Burnout nachzudenken.

Seit Jahren fordere ich mich beruflich, das ist richtig. Eigentlich seit ich aus dem Studium raus bin. Immer im gleichen Berufsbild, seit `98 in Führungsfunktion. Es ging immer bergauf – beruflich. Mehr zu tun, mehr Geld, größere Firmen, Umziehen… und so weiter. Doch seit 4-5 Jahren komme ich „nicht mehr aus dem Quark“. Für Besuche keine Zeit (Ausrede, kein Bock); ich habe keine Lust zu telefonieren, ich mache NICHTS. Ich verlasse morgens das Haus, komme abends wieder (meistens recht genau 12 Stunden außer Haus), esse sinnlos alles, was auf dem Weg liegt, und schmeiße mich aufs Sofa. Am Wochenende liege ich ebenfalls nur rum.

Im letzten Jahr hatte ich Hobbies angefangen! Ich habe mich daran erfreut. Oder hatte. Davon ist nicht mehr da (keine Lust).

Ich schob es auf Streß. Ich arbeite ja gerne und viel. Da braucht es viel Zeit mit Nichtstun. Aber seit 1 Jahr steigen meine Fehlzeiten rapide. Ich sage nicht Nein zu egal welchen Symptomen: Verspannungen, Magen-Darm, Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Ständiges Zunehmen (5 kg im letzten Jahr), Erkältungen.

Ich fühle, dass ich im Job nicht mehr leiste. Ich sage Termine ab, versaue Fristen, habe keine Lust auf Gespräche – ich will eigentlich nicht hin. Im HomeOffice versuche ich nichts zu machen – ich bleibe schon gar nicht mehr zu Hause.

Ich will nur noch kündigen (für immer) – ist das wirklich der einzige Weg?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Lieber Mr Unsicher,

was Sie schildern, klingt tatsächlich, als seien Sie in einen Burnout hineingeschlittert, besonders da Ihr Arzt Ihnen das auch gesagt hat.

Ihr Körper und Ihre Seele senden Ihnen deutliche Signale und auch Ihr Verhalten zeigt, dass etwas nicht stimmt und dass es Zeit ist, etwas zu verändern. Ich kann Sie gut verstehen, dass Sie verunsichert sind und sich fragen, was Sie jetzt tun können und ob Ihnen nur die Kündigung bleibt. Das ist ja eine ganz ungewohnte Situation für Sie, der immer viel geleistet hat und merkt, dass es so vielleicht nicht mehr weitergeht. Darum finde ich es ganz großartig, dass Sie sich Rat suchen!

Ganz grundsätzlich würde ich sagen: Nein, Kündigung ist nicht der einzige Weg. Wie das ganz konkret in Ihrem Fall aussieht, ist aktuell natürlich schwer zu sagen. Aber wenn Kündigung nicht das ist, was Sie eigentlich möchten, dann denke ich, wäre es gut, erstmal einen Zwischenweg zu gehen. Ganz konkret würde das bedeuten, dass Sie sich erstmal krankschreiben zu lassen. Am besten besprechen Sie mit Ihrem Arzt, wie lange das sinnvoll und notwendig ist. Mit ein oder zwei Wochen wird es allerdings vermutlich nicht getan sein. Sie sind offenbar viele Jahre über Ihre Grenzen gegangen, Ihre Akkus sind ziemlich leer. Ich fürchte, es wird auch einige Zeit brauchen, um sie wieder aufzufüllen. Das heißt fürs Erste: Viel Schlaf, viel Ruhe, viel frische Luft und Spaziergänge, so wie sie es gut schaffen, ohne sich angestrengt zu fühlen. Es ist gut, jetzt wirklich erstmal auf den Körper zu hören und ihm zu geben, was er jetzt braucht. Mit der Zeit spüren Sie dann hoffentlich, wie Sie wieder etwas mehr Energie haben.

Es kann auch sehr sinnvoll sein, sich professionelle Unterstützung von einem Psychologen zu suchen. Denn wenn Sie sich jetzt einige Zeit ausruhen und dann wieder so weitermachen wie zuvor, dann sind Sie vermutlich schneller wieder am jetzigen Punkt, als Sie das möchten. Gut wäre es natürlich, wenn Sie gar nicht wieder an diesen Punkt kommen.

Und da denke ich, wäre es vielleicht hilfreich, mit Hilfe eines Psychologen zu erarbeiten, was sich ändern müsste, damit es nicht wieder so weit kommt. Hohe Leistung bei der Arbeit muss nämlich nicht zwangsläufig zu einem Burnout führen. Das kommt nur dann, wenn man auf der einen Seite zu viel gibt und auf der anderen zu wenig hinein tut. Sie beschreiben das ja in Ihrer Nachricht selbst sehr gut: Mangelnde soziale Kontakte, schlechte Ernährung, keine Hobbys. Es ist nur zu verständlich, dass man nach einem langen Tag auf Arbeit oder einer langen Woche das Gefühl hat, zu nichts mehr Lust und Kraft zu haben. Aber die Frage ist: Tankt das Ihre Akkus denn wirklich auf, wenn Sie dann nichts tun, niemanden sehen und sich unausgewogen ernähren? Dass man viel Tun mit viel Nichtstun kompensieren sollte, halte ich für fragwürdig. Natürlich sollte man nicht ins andere Extrem verfallen und auch noch seine begrenzte Freizeit mit Aktivitäten und Sozialkontakten vollstopfen und anfangen, sich aufwendige 5-Gänge-Menüs zu kochen. Es ist absolut sinnvoll, auch einfach mal nichts zu tun. Aber dazwischen ist es auch hilfreich, auch mal etwas zu tun, was einem Energie gibt. Dabei vor allem auf die Basics achten: Ausreichend Schlaf, Bewegung an der frischen Luft, ausgewogene Ernährung, Aktivitäten, die einem Spaß machen, Kontakt zu Menschen, die einem gut tut. Um dauerhaft leistungsfähig zu bleiben, sind diese Dinge ganz essentiell. Von daher finde ich es ganz toll, dass Sie letztes Jahr angefangen hatten, Hobbys zu betreiben, die Ihnen Freude gemacht haben. Da haben Sie ja schon etwas, an dem Sie dann wieder anknüpfen können.

Und dann wäre es vielleicht auch nochmal sinnvoll, Ihren Arbeitsalltag zu überdenken, ob Sie dort auch Änderungen vornehmen könnten: Müssen es wirklich 12 Stunden am Tag sein, jeden Tag? Gibt es Verantwortungen, Tätigkeiten, Bereiche etc., die Sie (mehr) delegieren oder ganz abgeben könnten? Wäre ein Jobwechsel möglich oder sinnvoll, eine ganz andere Tätigkeit? Worauf hätten SIE Lust?

Also, um das zusammenzufassen, wäre aus meiner Sicht folgendes Vorgehen sinnvoll: Als erstes krankschreiben lassen und sich ausruhen, bis Sie merken, dass Ihre Kräfte zurückkommen. Und dann psychologische Unterstützung suchen, um zu schauen, wie Sie zukünftig Ihre Akkus zum Einen besser aufladen können mit einer ausgeglichenen Lebensweise, angenehmen Aktivitäten und Kontakten, und zum Anderen weniger Energie 'ausgeben' mit einer Anpassung Ihrer Berufstätigkeit.

Ich hoffe, das gibt Ihnen erstmal eine erste Orientierung, wie es jetzt weitergehen kann. Sie sind nach meiner Einschätzung noch an einem Punkt, an dem die Ampel auf Gelb ist. Andere Burnoutpatienten kommen irgendwann gar nicht mehr aus dem Bett und kommen zum Teil nie wieder richtig auf die Beine. Sie haben hier noch eine gute Chance, sich wieder zu erholen und mit ein paar Änderungen noch weiter leistungsfähig im Job bleiben können, wenn es das ist, was Sie sich wünschen.

Ich wünsche Ihnen dafür alles Gute. Wenn Sie noch weitere Fragen haben, wenden Sie sich gerne an mich unter meiner Email-Adresse: info@loesbar-online.de

Viele Grüße
Astrid Hiersekorn
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