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70 Prozent reichen nicht

Luna (w, 30) aus Düsseldorf: Liebes Therapeuten-Team,

ich bin seit einem halben Jahr in therapeutischer Behandlung, da ich neben einem Todesfall in der Familie auch mit der schweren Erkrankung meiner Eltern (darunter auch ein suizidgefährderter Elternteil) zu kämpfen habe und außerdem eine extrem fordernde Arbeitsstelle habe. Überstunden und die (empfundene) Anforderung, immer alle Probleme zu lösen und allen zu helfen.
Nun bin ich seit 3 Wochen (noch vorangeganen Zusammenbrüchen) mit der Diagnose Burnout krankgeschrieben. Erst für 2 Wochen und dann Verlängerung um weitere 2 Wochen. Bislang habe ich versucht, wieder herauszufinden, was mir Spaß macht und wieder mehr Sport und Yoga betrieben. Mir geht es auch besser, aber ich empfinde einen hohen Druck, wieder in den Job zurückzukehren. Mein Chef erwartet eine Aussage, ob er definitiv in einer Woche wieder mit mir rechnen kann.
Nun habe ich bislang viele Punkte abgarbeitet, damit es mir besser geht. Aber erst jetzt brechen zunehmend Gefühle über mich herein, die ich bislang eher distanziert und rational behandelt habe.
Ich weiß nicht, ob ich mir wirklich zutrauen kann, so schnell wieder zu arbeiten. Andererseits geht es mir ja in 70% der Zeit wieder gut.
Können Sie mir eine Orientierungshilfe geben?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Luna,

nach dem, was Sie beschreiben, habe ich den Eindruck, dass es mit einer vierwöchigen Auszeit nicht getan ist. Sie sind beträchtlichen privaten und beruflichen Anforderungen ausgesetzt, und Ihr Organismus hat Ihnen durch Zusammenbrüche eindeutige Warnsignale geschickt.
Ihr Kopf will das offensichtlich noch nicht so recht wahrhaben und denkt nach wie vor: „Ich muss aber die Erwartungen der anderen erfüllen.“
Sie sollten Ihrem Chef mitteilen, dass er derzeit nicht mit Ihnen rechnen kann. Gefallen wird ihm dies nicht unbedingt, aber vielleicht sieht er ja auch, dass Sie in der Vergangenheit viel Motivation und Energie in Ihre Arbeit gesteckt haben.
„Burnout“ bzw. die sogenannte „Erschöpfungsdepression“ ist eine behandlungsbedürftige Erkrankung, wird aber teilweise in unserer Gesellschaft und in unserem Arbeitsleben noch zu wenig ernstgenommen. Manch eine/r belächelt diese vermeintliche Schwäche von Kollegen oder Untergebenen – bis er/sie selber davon betroffen ist.
Sie befinden sich in ärztlicher und therapeutischer Behandlung. Lassen Sie sich ausführlich zum Thema Burnout aufklären und nehmen Sie die fachliche Hilfe ggf. auch in Anspruch, wenn Sie nicht wissen, wie Sie Ihrem Chef gegenüber Ihre derzeit nicht vorhandene Arbeitsfähigkeit kommunizieren sollen.
Sie haben die belastenden Situation in Ihrer Familie erwähnt. So wichtig Ihre Hinwendung zu Ihren Eltern ist, so sehr sollten Sie auf Ihre Abgrenzung achten. Sie haben nicht die zentrale Helferrolle. Ihre Eltern sollten auch wissen, wie es Ihnen geht, was Sie fühlen und denken etc.
Sie haben lange viel für andere getan, jetzt sind Sie dran. Wenn sich Ihr Befinden und Ihr Gefühl bessert – nehmen Sie es an, tanken Sie emotional auf. Ihre Gesundheit und Ihr Wohlergehen sollten im Mittelpunkt stehen.
Geben Sie sich Zeit!
Alles Gute wünscht Ihnen
Martin Bering
Bewertung durch den Fragensteller:
sehr schnelle antwort. vielen dank!





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