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Streit mit der eigenen Mutter, Eskalation

Waldbeere (w, 31) aus Müncheb: Guten Tag!
Ich habe bereits viel verarbeitet, war in Therapie und bin endlich auf dem Weg der Besserung. Jetzt kommt meine Mutter (das einzige lebende Familienmitglied) und beschuldigt mich, dass ich ihr Leben versaut habe. Wie früher ist sie eskaliert, hat mich angeschrieen und beleidigt. Sogar über WhatsApp.
Ich denke sie ist momentan total überfordert und mit allem in ihrem Leben unzufrieden und hat selbst viele unaufgearbeitete Kindheitstraumata. Unsere Beziehung ist eigentlich mittlerweile sehr gut (aus meiner Sicht) wir haben gemeinsame Interessen und Gesprächsthemen und wir stehen uns sehr nah! Ich lasse sie wie eine Freundin an meinem Leben teilhaben.
Jetzt sabotiert sie diese Beziehung und stößt mich von ihr weg und will gleichzeitig NÄHE von mir und wünscht sich mehr Kommunikation.
Bei mir hat die Eskalation viele Situationen aus der Kindheit wachgerufen, in denen sie mich genauso angeschrien hat bis ich geweint habe und ich wusste bin überhaupt nicht warum. Sie war damals sehr überfordert, gestresst, impulsiv, unberechenbar. Natürlich weiß ich dass sie mich liebt und sie hat immer für mich gekämpft aber emotional war sie nicht für mich da, es ging immer nur um ihre Probleme/Bedürfnisse etc.
Sie möchte jetzt mit mir reden und verstehen warum ich mir so schwer tue meine Gefühle auszudrücken.
Ich habe Angst, die Beziehung komplett aufs Spiel zu setzen wenn ich ihr sage was ihr Verhalten damals mit mir gemacht hat, Angst sie zu verletzen. Soll ich es ihr sagen?
Ich habe ihr innerlich vergeben.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Guten Tag!

Vielen Dank für Ihr Vertrauen!

Sie scheinen viel Schmerz aus Ihrer Vergangenheit durch Therapie und persönliche Entwicklung überwunden zu haben, das ist eine reife Leistung. Auch die Verwandlung der Beziehung zu Ihrer Mutter ist Ihnen offenbar sehr gut gelungen. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht einfach war und ich freue mich für Sie, dass Sie nun trotz der verunsichernden Erlebnissen in Ihrer Kindheit eine freundschaftliche Beziehung zu Ihrer Mutter aufgebaut haben. Ich vermute, dass sich auch Ihre Mutter persönlich weiterentwickelt hat?

Nun ist Entwicklung nichts lineares, das nur vorwärts verläuft. Sie vermuten, Ihre Mutter ist momentan überfordert und unzufrieden und durch Kindheitstraumata vorbelastet. In solchen Situationen holen uns leicht alte Verhaltensmuster ein. Ich kann verstehen, wenn Sie sich nach dieser Eskalation verletzt fühlen und das Bedürfnis nach Harmonie und Verständnis haben.

Ich vermute, Ihre Mutter kommt in Situationen mit großen negativen Emotionen manchmal fälschlicherweise auf den Schluss, Sie seien für Ihre Probleme verantwortlich – vielleicht sieht sie in solchen Momenten die Lösung darin sich zu distanzieren. Dann gibt es auch den Wunsch nach der nahen Beziehung zu Ihnen. Ich kenne Sie beide nicht, aus Ihrer Schilderung scheint mir, dass dies die Erklärung für die widersprüchlichen Botschaften Ihrer Mutter sein könnte.

Sie schreiben, Sie haben Angst die Beziehung zu Ihrer Mutter komplett aufs Spiel zu setzen. Denken Sie daran, Sie haben schon schwierige Situationen erfolgreich gemeistert und werden Sie sich bewusst, welche Ihrer Eigenschaften Ihnen dabei geholfen haben – schreiben Sie diese am besten auf! Ich hoffe, dass gibt Ihnen Stärke und Selbstvertrauen auch hier aktiv die Situation zu gestalten. Und bedenken Sie, wie auch immer Sie sich verhalten, Sie sind nicht alleine für die Beziheung zu Ihrer Mutter verantwortlich, zu einer Beziehung gehören nun mal zwei Menschen.

Wie also kann man darauf reagieren, wenn das Gegenüber mit starker Überforderung und wechselhafte Gefühle und Gedanken kämpft? Ich verstehe, dass Ihnen die Aufrechterhaltung der Beziehung zu Ihrer Mutter sehr wichtig ist. Gleichzeitig gilt es Ihren seelischen Frieden und Wohlbefinden zu wahren. Ich denke es kann hilfreich sein, hier zwischen akuten Situationen und der dauerhaften Beziehung zu unterscheiden. In der Akutsituation, wenn Angriffe oder das „von sich Abstoßen“ vorkommen, sind auf das hier und jetzt bezogene Ich-Botschaften ein guter Weg um sich zu schützen und gleichzeitig die Beziehung zu erhalten. Sie könnten Ihrer Mutter gegenüber äußern, dass es Sie verletz, angeschrien und beschuldigt zu werden, oder dass sie sich wünschen einander bald wieder zu sehen. Idealerweise folgt dem eine konkrete Bitte, wie z.B. „bitte beruhige dich und lass uns erst wieder reden, wenn du einen klaren Kopf hast“. Die Vergangenheit würde ich in der Akutphase komplett ruhen lassen, denn Vorwürfe und Erklärungen aus der Vergangenheit würden zu viele starke negative Gefühle auf beiden Seiten aufbringen, die dann leicht zur Eskalation führen können. Wenn die Akutphase überstanden ist, Sie und Ihre Mutter wieder zu mehr Ruhe und Klarheit gekommen sind, können Sie in sich hinein spüren ob Sie das Bedürfnis haben, die vergangenen Situationen zu besprechen und zum Ausdruck zu bringen, wie es Ihnen dabei gegangen ist. Dafür muss die freundschaftliche Basis und das Vertrauen wieder stabil sein. Auch einer Freundin gegenüber müssen wir nicht immer alle unsere Gefühle offenlegen, sondern überlegen mit welchen unserer Gefühle sie einen guten Umgang hätte. Sie können sich also auch bei Ihrer Mutter langsam herantasten und dabei herausfinden, wie weit Ihre Mutter bereit ist ihre Schilderungen empathisch aufzunehmen. Sie selbst müssten dann auch bereit sein zu hören, wie sich wiederum Ihre Mutter damals gefühlt hat. Für so ein klärendes Gespräch kann die Begleitung durch eine kompetente dritte Person sehr hilfreich sein.

Ich hoffe, meine Anregungen sind wertvoll für Sie! Wenn das so ist, bin ich Ihnen für eine Bewertung dankbar.

Ich stehe Ihnen für weitere Beratungen gerne zur Verfügung und wünsche Ihnen und Ihrer Mutter viel Kraft, Liebe und Harmonie!





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