Navigation Psychomeda.de
Das Psychologie-Portal

Selbstvertrauen in der Partnerschaft - frühe Bindungserfahrungen und ihre Auswirkungen auf heutige Beziehungen

Lacey (w, 33) aus München: Hallo!

Ich habe wiedermal eine enttäuschende Erfahrung in Sachen Liebe gemacht und weiß aktuell nicht, wie ich auf einen grünen Zweig kommen kann.
Ich war in einem Kennenlernen mit einem Mann, der wie im Laufe der Zeit rauskam, noch unter einer Trennung leidet und viele Baustellen und psychische Probleme im Leben hat. Ich habe versucht im zu helfen , aber selbst gemerkt, dass es mir mit ihm nicht gut ging. Das Ganze habe ich zwar beendet, aber ich tue es erst, wenn ich selbst darunter leide und immer gebe ich mir am Ende die Schuld.
Das ich es hätte lernen können mit seinen Problemen umzugehen und es nicht wert bin, dass jemand sich für mich entscheidet. Ich bin sehr anpassungsfähig und versuche alles damit eine Beziehung funktioniert. Am Ende ist mein Selbstbewusstsein erstmal am Boden, weil es wieder nicht geklappt hat und ich einsam zurück bleibe.

Ich habe eine Missbrauchserfahrung gemacht als Kind und einen eher lieblosen Vater gehabt und weiß nicht inwieweit das mit meinen Beziehungen Zusammenhängt.

Ich würde so gerne einen Ausweg finden und eine glückliche Beziehung führen /finden aber habe keine Ahnung mehr was und wie ich das erreichen kann.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Hallo Lacey,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Vertrauen in unsere Beratung.

Sie schreiben, dass Sie leider wieder einmal eine enttäuschende Beziehungserfahrung gemacht haben, also nicht zum ersten Mal. Das ist sehr schmerzhaft, da Sie, wie jeder Mensch, gewollt und geliebt werden möchten. Und das für eine längere Zeit oder auch für immer…
Ich halte es für sehr wichtig, dass Sie sich nicht für Ihren Ex-Partner aufgeopfert haben, sondern bemerkt haben, dass es Ihnen nicht gut mit ihm ging. Und dann auch, um sich selbst zu schützen, die Beziehung beendet haben. Das hört sich für mich soweit nach einem gesunden Selbstschutz an. Sie nehmen sich also selbst wahr und bemerken, wie es Ihnen geht. Nur haben Sie, wie Sie schreiben, zu lange ausgehalten. Und sich eben auch gewünscht, dass es diesmal klappt.
Sie scheinen sich sehr anzupassen. Hierbei ist oft die Gefahr, sich selbst zu verlieren. Symbiose und große Nähe sind wunderbar, und gleichzeitig ist auch die Autonomie, durch die jede/r zum Individuum wird, unabdingbar für eine Beziehung. Nur, wenn wir uns in einer Beziehung als Individuen auf Augenhöhe begegnen können, und hierbei ernst genommen und geliebt werden als die/der, die/der wir eben sind, findet echte Partnerschaft statt.

Die Beziehungserfahrung mit Ihrem Vater als erste wichtigste männliche Bezugsperson, ist, wie bei allen Menschen, sehr prägend. Hier scheint Ihr natürliches Bedürfnis nach Zuneigung, emotionaler Nähe und Empathie nicht ausreichend gestillt worden. Da wir uns als Kind immer an die Umwelt, in die wir hineingeboren werden, notgedrungen anpassen, haben auch Sie sich wohl mit der Lieblosigkeit Ihres Vaters abgefunden, und diese Beziehung als normal erlebt. Oder Sie haben sich sogar als Kind Vorwürfe gemacht, was Sie wohl falsch machen, so wenig Liebevolles von Ihrem Vater zu erleben. Jetzt als erwachsene Frau sehen Sie, was Ihnen damals gefehlt hat.
Zudem berichten Sie von einer Missbrauchserfahrung, was eine tiefgreifende Grenzüberschreitung darstellt. In grobem Maße wurden hier Ihre Bedürfnisse und Grenzen missachtet. Und auch hier ist es leider sehr üblich, dass sich das Opfer die Schuld gibt. Was natürlich falsch ist. Der Täter hat die Verantwortung, Grenzen zu akzeptieren, egal ob sie verbal leise oder laut, oder nonverbal mit Gesten kommuniziert werden.
Sie haben sich also keinen Vorwurf zu machen, dass Sie irgendetwas falsch gemacht hätten. Das ist natürlich leicht gesagt, aber darf vielleicht auch (mit der Zeit) in Ihnen ankommen.
Sie sind weder Schuld daran, dass Ihr Vater wenig Gefühle zeigen konnte, noch dass Ihre Grenzen nicht respektiert wurden, noch dass Ihr Ex-Partner zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, um sich wirklich auf Sie einzulassen.

In Partnerschaften spiegelt sich sehr viel von den Beziehungserfahrungen zu unseren Eltern wider. Es entstehen unbewusste Überzeugungen, wie z.B. dass Männer halt so sind, und ich muss mich dem anpassen und unterordnen.
Wenn man so will, liegt in Ihrem Gefühl zur vergangenen Beziehung, nämlich dass da etwas nicht stimmt, der Weg in Richtung Heilung. Es gibt ein Gespür in Ihnen, das bemerkt, dass sich etwas nicht richtig anfühlt. Durch Ihre Erfahrungen mit Männern kann es sein, dass diese Empfindungen sozusagen etwas verzerrt sind, bzw. nicht ausreichend Beachtung von Ihnen bekommen. Das hat viel mit Selbstvertrauen zu tun. Wenn Sie sich selbst vertrauen, nehmen Sie ihre ganze eigenen Gefühle, körperlichen Empfindungen und auch Gedanken ernst und erlauben sich auch, danach zu handeln. Dann handeln Sie als autonomes Individuum.

Daher würde ich Ihnen sehr empfehlen, den Kontakt mit Ihrem ganz eigenen, subjektiven inneren Erleben zu stärken, wodurch sich Ihr Selbstvertrauen in Bezug auf Ihre Entscheidungen erhöht.
Allgemein ist hierfür eine Psychotherapie eine gute Unterstützung. Ich persönlich bin sehr fasziniert von Focusing, in dem genau der Zugang zum eigenen inneren Erleben im Mittelpunkt steht. Bei Interesse können Sie gerne auch auf meiner Homepage mehr über Focusing lesen, und ich habe auch Links und Literatur zu Focusing angegeben. Gerne können Sie sich auch für eine Online-Focusingsitzung bei mir melden. Aber – ohne jetzt zu viel Werbung für Focusing zu machen – gibt es auch andere Therapieformen, durch die Sie sich selbst besser wahrnehmen und verstehen können, und Ihr Selbstvertrauen weiter entwickeln können. Und ich schreibe bewusst weiter entwickeln – denn, wäre es nicht vorhanden, würden Sie heute noch unter der vergangenen Beziehung leiden. Aktuell scheint eher der Trennungsschmerz und die Einsamkeit im Vordergrund zu stehen – aber ich frage mich, was für Sie wohl schmerzhafter ist… Das erinnert mich an den bekannten Spruch: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Eine Beziehung ist immer ein Zwischen – entsteht zwischen zwei Menschen. Und dass sich in dieser Beziehung ein Gefühl von Liebe und eine Partnerschaft entwickelt, ist ein besonderes Phänomen. Manchmal dauert die Suche etwas. Und bis dahin, aber auch während einer Beziehung zu einem anderen Menschen, ist die Beziehung zu Ihnen selbst nie zu vernachlässigen. Wenn Sie sich selbst lieben so wie Sie sind, können Sie sich auch vorstellen und können Sie auch erleben, dass Sie von jemandem anderen geliebt werden, wie Sie sind. Und gleichzeitig macht Sie Ihre gesunde Selbstliebe unabhängiger von der Zuneigung anderer.

Herzliche Grüße,
Christian Kabsch
Bewertung durch den Fragensteller:

Mehr zum Thema auf Psychomeda

Online-Beratung

Auf Psychomeda beantworten Psychologen und Therapeuten Ihre Fragen unentgeltlich. Jetzt online Ihre Frage stellen...


Therapeuten

Zuletzt aufgerufene Therapeuten-Seiten. Therapeut, Coach, Berater? Eintragen...


Beliebt auf Psychomeda


TwitterSocial Feed



Folgen Sie uns auf Twitter


Qualität

Psychomeda ist ein unabhängiges psychologisches Informations- und Beratungsportal von Psychologen und Therapeuten. Wir informieren evidenzbasiert und auf wissenschaftlicher Grundlage. Weiter