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Beziehungsangst

Luna (w, 29) aus München: Ich bin fast 30 und hatte noch nie einen Freund, obwohl ich sehr viele Möglichkeiten dazu hatte. Ich finde immer scheinbar gravierende Makel, die eine Beziehung unmöglich machen. Mein Bruder ist auch so wie ich. Bei dem anderen Geschlecht bekommen wir gleich Panik. Können nicht mehr essen und schlafen, rufen alle möglichen Leute aus unserem Umfeld an und fragen, warum der Mann sich so verhält, wie er sich verhält. Wir können uns nicht fallen lassen. Es ist immer irgendwas falsch.

Der Fehler liegt ganz sicher bei uns und nicht bei unserem Gegenüber. Ich kann mir einfach nicht erklären, woran es liegt, aber wir reagieren beide (mein Bruder und ich) sehr panisch. Ein paar Erklärungsgründe:

1. Unsere Eltern haben sich gegenseitig nie vor unseren Augen ihre Liebe gezeigt. Sie haben noch nie Händchengehalten, umarmt, sich etwas liebevolles gesagt. Sie sprechen sich nichtmal mit dem Vornamen an, weil das peinlich ist in unserer Kultur.
2. Auch Kinder wurden nicht im klassischen Sinne liebevoll behandelt. Keine Umarmung, kein Kuss. Wir wurden trotzdem sehr geliebt nur wurde das durch z.b. bekochen oder Geld gezeigt.
3. Wir sind sehr religiös erzogen. Das andere Geschlecht war immer tabu. Ich habe sehr lange Männer nichtmal angeschaut. Ich habe immer versucht nicht hinzugucken, wenn mir jemand gefallen hat.
4. Wenn ich verliebt war konnte ich nicht mit meinen Eltern darüber reden. Über Gefühle wurde bei uns nicht gesprochen. Das war allen Beteiligten sehr peinlich.

Kann so eine Beziehungsangst entstehen?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Luna,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne versuchen möchte, zu analysieren.
Sie haben meines Erachtens schon sehr reflektiert über die Situation nachgedacht und schon einige Erklärungen selbst dargestellt.
Da diese Verhaltensmuster bei Ihnen und Ihrem Bruder gleichermaßen auftreten, könnte man schon davon ausgehen, dass die Herkunft Ihrer Beziehungsprobleme in der Jugend begründet liegt.
Die religiöse Erziehung (wobei Sie jetzt nicht geschrieben haben, um welche Religion es sich handelt) kann sicher mit ein Grund für Ihre zurückgehaltenen Äußerungen von Gefühlen gegenüber dem anderen Geschlecht sein.
Durch nicht offen gezeigte Verhaltensweisen bei Zuneigung und Akzeptanz im Elternhaus kann es in Ihrer Sozialisation dazu geführt haben, dass Sie diese Verhaltensweisen nun im eigenen Leben und Erleben nicht zeigen können.
Sie haben diese Verhaltensweisen quasi schlichtweg nicht vorgelebt bekommen und sind somit auch sehr eingeschränkt, sie jetzt in Ihrem eigenen Leben “anzuwenden” und zu leben.
Um sich dieser Beziehungsangst nicht stellen zu müssen, versuchen Sie bei potentiellen Partnern immer eine Makelsituation zu finden, um sich nicht dem für Sie ungewohnten Gefühl der “bedingungslosen” Akzeptanz Ihres Partners gewahr zu werden.
Der Gefühlsausdruck Ihrer Eltern für die Kinder hat sich auf materielle Dinge beschränkt,
obwohl Ihre Eltern sicher einen anderen Anspruch hatten.
Um Ihre Frage jetzt noch einmal explizit aufzunehmen; ja… die Beziehungsangst kann durchaus durch das (...sicher nicht bösartig gemeinte Verhalten) Agieren Ihrer Eltern entstanden sein.
Diese Beziehungsangst lässt sich aber bestimmt durch einige Verhaltensänderungen Ihrerseits und durch vielleicht zu führende Gespräche mit Ihren Eltern “entschärfen”.

ich hoffe, daß ich Ihnen mit meinen Worten wieder neuen Mut machen und einen guten Weg weisen konnte! Für Rückfragen stehe ich Ihnen auch weiterhin gerne unter email: merkle.mediator@googlemail.com zur Verfügung. Im Gegenzug würde ich mich über eine Bewertung und kurze Kommentierung dieser kostenlosen Antwort sehr freuen.

Für heute verbleibe ich mit allen guten Wünschen
und lieben Grüßen als Ihr Psychomeda-Berater

Oliver Merkle

Bewertung durch den Fragensteller:
Bedingungslose Liebe - das war das richtige Stichwort. Danke!





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